Die erste Ausfahrt aus Ausgangshafen Portsmouth / Haslar Marina gibt einen Vorgeschmack auf das Segeln im Solent und dem Englischen Kanal: navigieren, Gezeiten und Strömungen spüren, auf Hovercraft und schnelle Fähren aufpassen, Begriffe wie Small Boat Channel,….. alles zusammen ergibt ein anderes Feeling, als ein Auslaufen aus einer Marina im Sommer in Kroatien. Die Komfortzone wird erstmals angekratzt oder eben verlassen.
Der erste Schlag bringt uns dann nach Cowes. Wir lernen inzwischen wieder mit Karte und Zirkel zu arbeiten, Tiden und Strömungen zu beachten und genießen den Nachmittag bei gutem Wind so sehr, dass wir das Navigieren etwas vernachlässigen bis uns der Skipper höflich aber bestimmt darauf aufmerksam macht, dass es so interessante Dinge wie im Wasser versteckte U-Boot-Sperren, Untiefen und andere Dinge gibt. Segeln in diesem Strömungsrevier braucht Aufmerksamkeit! Die Marina hat uns wieder und das gleich für einen ganzen Tag, denn der Samstag ist dann doch vom Wind her zu heftig. Wir nutzen die Zeit, probieren das Setzen eines Sturmsegels und stürzen uns in die Planung unseres Channel Crossings nach Cherbourg. Kurs 190° ist das Ergebnis. Das aufgefrischte Wissen aus dem vorangegangenen Tidal Training Workshop kommt intensiv zum Einsatz.
Kurs liegt an – oder so ähnlich, denn bei 2m Welle, Böen bis 30kn und gerefften Segeln ist´s doch nicht so einfach. Aber wie der Track am Abend gezeigt hat, waren wir gut unterwegs. Dabei haben wir am Unterschied zwischen Logge und GPS auch zahlenmäßig den setzenden Strom gespürt.
Am nächsten Morgen gings bei null Wind aber hilfreichem Strom (weil gut getimt) und Sonnenschein in Richtung Guernsey. Vorbei an Alderney, durch die Alderney Races, bei einsetzendem Wind auch unter Segel und einem spürbaren Zusammenwachsen der Crew dem Ziel, St Peter Port zu.
Die geplante Ankunftszeit richtete sich natürlich nach der Tide, denn der Hafen, Victoria Marina, hat eine Sille über der wir, bei 2m Tiefgang, ausreichend Wasser unterm Kiel brauchen. Die frühe Ankunft, die Neugier auf St Peter Port, das gute Wetter für ein Liegen im Außenhafen haben uns auf die Hafeneinfahrt verzichten lassen. St Peter Port ist eine typisch englische kleine Stadt, aber mit zweisprachigen Straßennamen, da die Insel im Golf von St Malo, also nahe an Frankreich liegt. Für unsere Bierliebhaber ist hier endgültig und nachhaltig die Guiness Zeit angebrochen. Und zwar im Albion House, einem Pub, das einen Eintrag im Guiness Book of Records hat, nämlich für die geringste Distanz zwischen Kirchentür und Pubeingang 'in the British Isles!'
Früh aufstehen waren wir schon gewohnt, es ging nach unserer Bordzeit 0300 UTC (auch Damenarmbanduhren waren danach gestellt!) los und wieder zurück Richtung Isle of Wight, hinaus durch 'Little Russel' mit Richtfeuer und genügend anderen navigatorischen Herausforderungen.
Nächster Wegpunkt: bei den Needles mit Ziel Yarmouth. Davor aber gab's noch einiges an Schiffsverkehr zu beachten, einen Hubschrauberbesuch bekamen wir und je näher wir dem Segelrevier Solent kamen, desto besser wurde auch wieder der Wind. War auch gut so, denn zwischendurch gab die Starterbatterie ihren Geist unter Absonderung fauler Gerüche auf. Kein Problem mit den kompetenten Technikern an Bord – aber das ist einen eigenen Bericht wert. Wie wichtig es ist die Strömung zu beachten und vor allem nicht zu unterschätzen zeigte sich beim geplanten Umrunden eines Lateralzeichens bei den Needles. Zuerst wollten wir es nicht glauben, dann waren wir so knapp dran, dass der Skipper eingriff.
Yarmouth am Abend mit gutem Pub beendete die Überquerung. Nach ein paar weiteren Tagen im Solent, das letzte Anlegemanöver, ein Manöverschluck auf die Woche und dann zum gemütlichen Abendessen in der Mary Mouse, dem umgebauten Feuerschiff in der Haslar Marina.
Was bleibt nach dieser fantastischen Woche als Resumee: Segeln unter Freunden oder Segeln spezial, beides ist eingetroffen. Wir sind als Crew an Bord gegangen, haben viele neue Erfahrungen gesammelt und haben unsere 'Diamond of Wight' als Freunde verlassen.
Unter Segeln Spezial bietet der YCA immer wieder Gelegenheit für dieses Erlebnis.