Segeln Spezial 2019 „Schottland – Äußere Hebriden“
50 Shades of Grey oder „Welches Loch nehmen wir denn heute?“
Die Sicht versperrt, der Regen anhaltend, der Wind peitscht ins Gesicht, die Kleidung durchtränkt und am Ende bis auf die Unterwäsche klitschnass.
Wieso kommt mir das bloß so bekannt vor?
Da sind wir segelnde Österreicher und eine Österreicherin Ende August nun bereits zum ZWEITEN Mal durch den YCA in Schottland, wo es gilt, das Land mit seinen Ecken und Kanten zu erleben, denn wer sich draußen aufhält, der lebt mit feinstem, schottischen Wetter.
Dieses Mal steht der anspruchsvolle Törn unter dem Motto „Segeln Spezial“, in einem herausfordernden Segelrevier, bei dem man bei Stürmen und tückischen Wellen aufpassen muss, dass die Gewalt der Natur einem nicht tatsächlich das Whiskyglas aus der Hand reißt oder man(n) über der Reling hängt.
Armadale ist der Ausgangspunkt für die 13 YCA-Mitglieder; ziemlich einsam und beinahe verlassen.
Nur ein Fährsteg samt Parkplatz, ein paar wenige Souvenirgeschäfte und ein Imbissstand; kein Supermarkt, keine Marina, kein Hafen und keine Partyflottillien, wie wir es von anderen Segelrevieren her kennen.
Nur wir und die schottische See und die sechs Segelboote, die man in Armadale chartern kann.
Mit einem kleinen Shuttleboot des Vercharterers werden wir zu den beiden Anlegerbojen gebracht, wo die „Explorer of Sleat“ und die „Sleat Odyseey“, zwei Jeanneau 439, bereits auf uns warten.
So beginnt schon die Anreise von „Tür“ zu „Tür“ quasi als kleines Abenteuer.
Etwas später kommt der YCA Ausbildungsleiter, Gottfried "Titzl" Rieser als unser Skipper und einziger Vertreter der Crew Oberösterreich - um "Viertl üba" und "ohne Öpfe" - zu uns an Bord.
Zeit für einen feinen Genußschluck, und dann wird bereits das erste Mal an Bord (vorzügliche Faschierte Laberl mit selbstgemachtem Erdäpfelpürée) gekocht, denn erinnern wir uns: es gibt NICHTS in Armadale.
Fàilte gu Alba - Willkommen in der schottischen Idylle!
Der erste Tag – So, 24.08.2019
Armadale – Carbost (37,5 NM)
Wir verlassen die Boje in Armadale und beginnen unsere Umrundung von Skye von der Südseite her, da uns das Wetter einen gewaltigen Strich durch die Rechnung in der kommenden Woche noch machen wird.
Zwei Islandtiefs mit Starkwind/Sturm-Ausläufern werden uns deutlich streifen, daher wurde die ursprüngliche Route von der Richtung her geändert.
Aber vorerst zeigt sich noch so eine helle, strahlende Scheibe am Himmel.
Unser erstes Tagesziel ist die Bucht von Talisker in Carbost, wo wir zwar keine Plätze mehr für die Führung in der Whisky-Destillery bekommen, aber wenigstens den Souvenirshop quasi plündern und einen Tisch fürs Abendessen im „The Old Inn“ organisieren können.
Der zweite Tag – Mo, 25.08.2019
Carbost – Lochmaddy (37,1 NM)
Nach dem Frühstück geht es zeitig los, denn heute wird uns der erste Sturm-Ausläufer bereits mit seinen Vorboten erreichen.
Und kaum sind wir aus dem geschützen Bereich draußen, bläst uns der Wind auch schon SEHR deutlich um die Ohren.
Aber alles noch im grünen Bereich, da wir zuvor die Segelfläche vom gewagten 1. Reff sicherheitshalber ins 3. Reff verkleinern.
Und gut war das mit dem Reffen, denn „wild – rauh – schottisch“ beginnt der Wind- und Wellenritt von der Talisker-Bucht über die offene See zu den Äußeren Hebriden nach Lochmaddy, wobei auf der Überfahrt von den sechs "Explorern" vier über der Reling hängen.
Wir treffen aber alle einigermaßen wieder lebendig in Lochmaddy – eh kloar – bei feinstem, schottischen Regen ein und legen längsseits am Schwimmsteg an.
Ein neugieriger (bzw. hungriger) Seehund nähert sich mehrmals unserem Boot.
Ich nenne ihn liebevoll „Maddy“.
Gottfried und Michael erkunden den Ort bei einem kleinen Spaziergang, bei dem sie sich in der örtlichen Hotelbar einen Manöverschluck auf den überstandenen Rodeowellenritt gönnen und für die restliche Crew noch weitere Manöverschlucke, in Form von Wein und diversem sonstigen Proviant, besorgen.
Da das örtliche Hotelrestaurant bereits am frühen Abend schließt, gibt es heute das "Captain's Dinner", deliziös zubereitet vom Comandante di Barca "Titzl.
Der dritte Tag – Di, 26.08.2019
Lochmaddy – Gairloch (49,2 NM)
Auch am dritten Tag geht es Früh los, denn vor uns liegen knapp 50 Seemeilen, die – eh kloar – mit feinstem, schottischen Regen begleitet werden und mit bestem Segelwind uns direkt zum heutigen Tagesziel, Gairloch, bringen.
Heute Abend sorgt Rotina mit buntem Gemüse-Curry und Reis fürs leibliche Wohl.
Der vierte Tag – Mi, 27.08.2019
Gairloch – Kyleakin (32,3 NM)
Aufgrund der sehr gut gewählten Törnroutenrichtung - abgestimmt nach den nicht ganz so rosigen Wetterprognosen - bereiten uns die 32,3 Seemeilen keinerlei Probleme beim Segeln, und so wechseln wir uns beim Steuern und Navigieren ab.
Heute ist Rotina mit dem Anlegen dran. Nach Ruderübergabe kurz vor der Skye Bridge legt sie nach einer Übersichtsrunde im kleinen, engen Hafen am Schwimmsteg längsseits im Päckchen an einem Glasboden-Ausflugsboot mit Crewunterstützung an. Die „Sleat Odyseey“ folgt eine halbe Stunde später.
Da sich diese helle, runde Scheibe endlich wieder mal unter der dicken Wolkendecke hervortraut, machen wir einen ausgedehnten Spaziergang an Land: Gottfried bis zur verfallenen Burg auf der anderen Seite der kleinen Bucht, Harald und Michael bis zum ersten tieferen Gatschloch, Meikl und Rotina bis zur ersten Steigung, da beide Hüft- bzw. Knieoperationen hinter sich haben.
Am Bordküchenspeiseplan stehen heute sonnige Spaghetti Bolognese mit süffigem Wein.
Der fünfte Tag – Do, 28.08.2019
Kyleakin – Inverie (32,3 NM) – mit Abstecher zum Eilean Donan Castle + Kylerhea
Kaum haben wir die ersten paar Meilen hinter uns gelassen, finden wir uns in einer anderen Welt:
50 shades of Grey.
Noch nie hab ich sooo viele Grau-Schattierungen auf einmal erlebt!
Grau, triest und nebelig-mystisch – so taucht das Eilean Donan Castle im feinsten, schottischen Regen vor uns auf.
Nach einem kurzen Fotostopp bei strömendem Regen vor einem der berühmtesten Castle Schottlands geht es wieder zurück zur Einfahrt des Kylerhea, wo man sehr genau zeitmäßig eintreffen muss, sonst kämpft man bis zu 8 (!) Knoten Gegenströmung.
Unser „harmloses“ Zeitfenster war zwischen 1100 und 1200 Uhr berechnet; trotzdem kämpften wir mehrmals durch „Tidal Races“ und den peitschenden Gegenwind mit über 30 Knoten Meter um Meter zum Tagesziel „The Old Forge“ in Inverie.
Leider war Inverie kein optimaler Bojenliegeplatz, denn durch die vorherrschende Wind-Welle-Situation konnten wir den letzten Abend wieder nicht gemeinsam mit der Crew der „Sleat Odyseey“ an Land verbringen, da die Wellen zu sehr in die Bucht hinein peitschten und die Brandung für die Anladung mit dem Beiboot somit viel zu gefährlich gewesen wäre. Außerdem bezweifelten wir, dass der 2,5 PS schwache Außenborder die Überfahrt gegen die Wellen ohnehin nicht geschafft hätte.
Welch tragischer Moment, gerade DAS als „one of the top 10 places for beer and the best bar to drink in the World’s Pubs Hierarchy ranking 2014“ gelistete Pub nicht besuchen zu können.
So nah und doch so fern!
Also kochen wir – mit Ausblick auf das „mainland Britain’s remotest pub“ - wieder an Bord; aber immerhin an der „Old Forge-Boje“ hängend.
Der sechste Tag – Fr, 29.08.2019
Inverie – Armadale (8,2 NM)
Da die sieben Teilnehmer aus der Crew Oberösterreich bereits um 1600 Uhr von einem gemieteten Bustransfer abgeholt werden, wurde das CheckOut auf beiden Booten bereits um 1400 Uhr angesetzt.
So brechen wir nach dem Frühstück – eh kloar – bei feinstem, schottischen Regen, abermals 50 Shades of Grey und bei bis zu 41 Knoten Windböen von Inverie zurück nach Armadale auf. Wenigstens die Autofähre hat sichtlich Erbarmen mit uns, denn sie weicht von ihrer eigentlichen Fährstreckenroute SEHR deutlich ab, so dass wir unseren eigenen Kurs nicht allzusehr ändern müssen.
Die 8,2 Seemeilen sind somit schnell geschafft, ebenso wie der CheckOut und die beinahe fluchtartige Abreise der sieben oberösterreichischen Teilnehmer.
Wir – die fünf Teilnehmer der der Crew Wien-NÖ-Burgenland – hängen nun wieder mit der „Explorer of Sleat“ an der Startboje.
Und dann wird das letzte Mal an Bord ein One Pot-Gericht mit den Überresten, die wir noch an Bord zur Verfügung haben, gekocht, denn erinnern wir uns: es gibt NICHTS in Armadale.
Fàilte gu Alba - Willkommen in der schottischen Idylle!
Der siebte Tag – Sa, 30.08.2019
Armadale – Glasgow
Gegen 0800 Uhr verlassen auch wir die „Explorer of Sleat“ – eh kloar – bei feinstem, schottischen Regen und legen noch 24 Stunden im trockenen Glasgow als Urlaubsdraufgabe dran.
Selbstverständlich mit dem Besuch von gleich drei Pub’s in Glasgow!
Mar sin leat - „Ein Hoch auf Schottland!“