Ladies only, das klingt doch toll! – Segeltraining nur mit Frauen.
Zudem ist eines dieser wunderschönen, sonnigen Wochenenden dieses Sommers angesagt. Seglerinnenherz, was willst du mehr?
So machen sich Gerhild und ich (Andrea), zwei frischgebackene steirische FB2-Besitzerinnen mit viel zu viel Gepäck (Nasszeug!) auf den Weg nach Aufham am Attersee.
Wir sind uns einig: wir wollen was lernen, aber auch Spaß haben.
Hoffentlich spielen da alle anderen auch mit?
Im Gastgarten der Marina Berndt irrt eine Frau suchend herum. „Seid Ihr die Skipperinnen?“
Wir schauen uns an und lachen, „Ja, stimmt, das sind wir ja jetzt, ABER: Ich habe zwar viele Seemeilen am Buckel, aber „Anlegen tut immer mein Mann“.
Gerhild segelt auch viel, aber “Letztverantwortung hatte immer wer anderer“.
Auch die ortsansässige Claudia will Erfahrung sammeln und heuer endlich den FB2 machen.
Und so ist das Motto des Wochenendes klar: Lernen, Üben, Sicherheit gewinnen.
Großes Hallo als Weltumseglerin Ingrid Schnabl, unsere Trainerin, eintrifft.
Für mich persönlich ist es ein Wiedersehen nach vielen Jahren: wir waren früher Stegnachbarinnen und haben 2009 zeitgleich den Atlantik überquert.
Was für ein toller Zufall also, nach so vielen Jahren über ein YCA-Damentraining sich wiederzutreffen.
Am Abend nähern wir uns dem See zuerst lukullisch - wir verkosten die Reinanken (köstliche Atterseefische) - und dann begrüßen wir endlich unser Schiff: das YCA Schiff, die SY Isabell, eine 35 Fuß Comet schaukelt längsseits in der Box und wartet auf uns. Und wenn wir schon mal da sind, schauen wir natürlich auch beim Yachtclub Attersee noch auf ein Gläschen vorbei.
Samstag morgens - Windstille. Angesagt ist für diesen Tag auch weiterhin kein Wind. Ich belausche Gespräche am Nebentisch: um 13:00 Uhr kommt Nordwind, ganz sicher. Aha – Die müssen da ja einen super Wetterbericht haben.
Nichtsdestotrotz laufen wir aus und lernen als Erstes: Auf einem YCA-Trainingsschiff hat Frau stets Schuhe zu tragen! Aus Sicherheitsgründen, auch wenn es gefühlte 35 Grad hat!
Ein Hauch von Wind ermutigt uns, die Segel zu setzen (wir wissen, erst ab 17:00 Uhr dürfen wir am Attersee den Motor wieder starten) und raus geht’s auf das wunderschöne türkise Wasser.
Allerdings dümpeln wir mit einer Maximalgeschwindigkeit von unglaublichen 3 Knoten an diesem Tag herum.
Macht nichts - Ingrid versorgt uns mit vielen, abenteuerlichen Geschichten und Wissen aus Ihrem Erfahrungsschatz, Claudia kennt quasi jedes Schiff und jedes Haus am Attersee und die Anekdoten dazu.
So „fachsimpeln“ wir über Radeffekt, Segelführung, Knoten, Motor und sogar Motorreparatur. Ingrid erklärt und beantwortet jede Frage kompetent, und immer wieder ein Blick auf die Uhr: ist es schon 13:00 Uhr?
Kommt er oder kommt er nicht, der Wind?
Er kommt natürlich nicht!
Trotzdem nutzen wir den kleinsten Hauch und setzen und bergen noch häufiger Segel; wir üben Wenden und Halsen – allerdings nicht gerade in Regattageschwindigkeit, Beidrehen und Beiliegen bei über 30 Grad. Schließlich muss Frau ja auch mal schwimmen gehen ... Claudia hat einen Kuchen gebacken. Zwischendurch immer wieder Ausrufe: „Oh, ist das schön!“ „Mei, geht’s uns gut!“
Und der See schimmert karibisch-türkis….
Am Abend üben dann noch alle An- und Ablegen an der Boje. Das Rückwärtsfahren mit der Pinne ist nämlich ganz schön tricky.
Nach dem Anlegen längsseits in der Box, was auch eine Erfahrung der besonderen Art ist, gibt es dann - wie könnte es anders sein - eine Nachbesprechung der Manöver bzw. des Segeltages und - schließlich sind wir auf der SY Isabell - das eine oder andere Glas Isabella Frizzante.
Der örtliche Segelclub Attersee hat am Abend Stegfest, wir vertreten den YCA würdig und merken, dass wir als „Frauenschiff“ offenbar schon längst Aufsehen erregt haben.
“Wir haben euch heute eh beobachtet.“
Was? Wie…..? „Ja, durch das Fernglas“……Na super!
Einige Männer an den Nebentischen beschließen jetzt vielleicht doch auch mal den FB2 zu machen … was für eine Vorbildwirkung!
Sonntag. Es ist großer Regattatag am Attersee. Ganz schön was los.
Der Tag startet mit An- und Ablegemanöver, mit Eindampfen in die Vor- und Achterspring. Darin wollen wir ja alle besser und sicherer werden.
Wir üben also mutig und mit Erlaubnis - es geht doch nichts über gute Verbindungen -zwischen auslaufenden Regattabooten und streng beäugt von den Bojenliegern am Steg des Segelclubs.
Und dann kommt „er“ endlich, der Wind – passenderweise hier „Rosenwind“ genannt- und YES, wir wollen alle nur mehr eines: Segeln!
Es wird also ein traumhafter Segeltag, mit vielen Wenden und Halsen.
Wir rauschen den See rauf und runter.
Ingrid entspannt sich merklich, und alle sind stolz, als sie meint:“ Beim Segeln brauch ich Euch wirklich nicht mehr viel beibringen.“
Wir merken, was wir doch schon alles können und sind mit Begeisterung dabei.
Die Manöver gehen leicht von der Hand.
Jede von uns probiert mal eine andere Rollenposition an Bord aus.
Durch die Regatta ist es auch ein guter Tag, die Vorfahrtsregeln zu wiederholen, denn es herrscht echtes Getümmel am See. Wir müssen aufpassen, nicht mitten in die Regattafelder zu geraten, denn es kommen andere Schiffe immer wieder ganz nahe.
Claudia, unsere „Einheimische“, bringt uns noch ein neues Vokabel bei: „Schneckenschauen“, denn die Segler schauen neugierig herüber. Ein Schiff, auf dem nur Frauen sind, scheint offenbar immer noch eine Seltenheit zu sein.
Einigkeit bei der Nachbesprechung des Wochenendes: die Zeit am Attersee und an Bord der Isabell ist viel zu schnell vergangen, und jaaaa, wir wiederholen das sicher wieder!
Denn es war ein ganz besonderes Erlebnis, eine spezielle Atmosphäre, einmal nur mit Frauen zu segeln.
Keine Frage ist zu blöd, keine will sich hervortun, wir lernen von- und miteinander und haben auch noch Riesenspaß dabei.
Und ganz nebenbei ergibt das wieder ein gutes Stück mehr an Sicherheit, Kompetenz und Selbstvertrauen.
Danke an alle, die dabei waren und liebe Seglerinnen – probiert das unbedingt mal aus!
Andrea Gellner-Tinnauer
YCA Crew Steiermark