Gastkommentar: Watt, Robben und Basstölpel

in Crew Steiermark

Die Nordsee und das Wattenmeer sind faszinierende Gewässer für Segler. Bisher waren Sie mir nur aus der Segelausbildung ein Begriff. Jetzt habe ich selbst einige Meilen dort im Kielwasser!

Fotobeschreibung am Ende des Aritkels


März 2023, ich treffe Harald Schwanzer am YCA-Stand auf der Tullner Messe. Er erzählt mir, es gäbe noch eine freie Koje auf dem Segeln Spezial: Nordsee-Helgoland-Wattenmeer. Angemeldet bin ich schnell, möchte unbedingt dabei sein. Ich fange schon recht früh an zu packen, kann es kaum erwarten. Meine Frau schüttelt nur den Kopf. Fachbücher zum Thema stapeln sich. Altes Wissen gehört aufgefrischt und Neues wird sicherlich dazukommen.

 Dann kommt endlich das vorbereitende Webinar und damit die erste Möglichkeit von den Teilnehmern einen Eindruck zu bekommen. Harald vermittelt uns an zwei Abenden fachkundig die unter-schiedlichen Methoden der Gezeitenberechnung, Stromdreiecke, wichtiges zur Seeschifffahrtsstraßenordnung und stellt die grobe Törnplanung vor. Wir werden mit einer Dehler 38 und einer Dehler 34 auf die Reise gehen.

 Der Tag der Anreise ist endlich da. Am Flughafen treffe ich erstmalig die Crewmitglieder persönlich. Sofort stellt sich ein gutes Gefühl bei mir ein. Die Anreise über Bremen, Oldenburg, Wilhelmshaven nach Hooksiel klappt problemlos. Ein Teil der Gruppe ist mit dem Auto angereist und erwarten uns vor Ort. In einem typischen Fischrestaurant ist das Eis beim Kennenlernen schnell gebrochen.

 Die Nordsee begrüßt uns trüb, kalt und mit viel Wind. „Helgoland muss noch warten“, entscheidet Harald, aus gutem Grund. Das Revier kann tückisch sein, die Welle baut sich rasch auf 2m und mehr auf. Wir bunkern, machen Schiffs-und Sicherheitseinweisung, üben Gezeitenberechnungen, wollen uns aber noch Einsegeln. Auf dem Fluss ist es friedlich. Mit gemischten Gefühlen denke ich aber schon an die Hooksieler Schleuse und das dahinter liegende Fahrwasser. Was wird uns dort erwarten? Die Anweisungen kommen vom Skipper Oliver klar und verständlich. Wir folgen Haralds Boot und passieren problemlos die Schleuse in den Vorhafen und fahren in die Jade. Trotz viel Wind und reichlich Welle, habe ich ein gutes Gefühl. Das Schiff wird sicher geführt und segelt stabil. Der erste Segeltag war ein kleines Abenteuer, dessen erfolgreichen Abschluss wir bei einem Abendessen mit einem Glas begießen!

Der Wetterbericht verspricht einiges! Ein Hochdruckkeil schiebt sich vom Atlantik über Schottland, das verspricht steten Wind aus Nord. Noch vor der Bettruhe planen wir nochmals den nächsten Tag, berechnen die Passage und die Gezeiten. Das wird uns in den nächsten Tagen eine wichtige Übung sein und fällt mit der Routine leichter.

Herrlich scheint am Abfahrtstag die Sonne auf uns, der Wind hat sich beruhigt, der große Schlag nach Helgoland steht an. Wir segeln im Fahrwasser der Jade. Nach 2 Stunden auf der Kreuz sprechen wir uns über Funk ab. Haralds Vorschlag abzukürzen, spart uns gut 2 Stunden, wenn wir in die Mittelrinne abbiegen und die Strandplatte zu queren. Bei auflaufendem Wasser sollten wir nach unseren Berechnungen genug Wasser unter dem Kiel haben. Die Gefahr stellen die großen brechenden Wellen dar, da sich die See in den letzten Tagen von Norden her aufgebaut hat.

 In der Entfernung sehen wir schon die Brandung, die Wellen werden steiler, die Wassertiefe nimmt rasch ab. Die Mannschaft beobachtet mit Argusaugen die Tiefenanzeige. Doch in der Rinne kommt man gut voran, während 50m backbord und steuerbord die Wellen neben uns brechen. Dann sind wir drüber, das Wasser wird tiefer, die See ruhiger!  Alles ist gut gegangen. Wir queren noch die Fahrwasser der Weser und der Elbe mit reichlich Schiffsverkehr und sichten schon früh am Horizont Helgoland. Nach über 10 Stunden auf der Kreuz laufen wir kurz vor Sonnenuntergang in Helgolands Südhafen ein. Die Crew hat sich gefunden, ist glücklich. Und ja das Wetter war schön, aber es war auch kalt!

 Der nächste Tag bringt viel Freizeit, sodass jeder die Insel erkunden kann. In Helgoland liegen die Boote meist im Päckchen, sodass man oft zeitig in der Früh die Innenlieger ablegen lassen muss.

Helgoland ist eine Reise wert und der Tag ist angefüllt mit Eindrücken! Die Führung auf der Düne, Kegelrobben und Seehunde, Spaziergang zur langen Anna, Trottellummen und Basstölpel. Wie soll man das so schnell verarbeiten?

Am Tag darauf sprechen wir uns über den weitern Reiseverlauf ab. Wir planen die Überfahrt zu den Ostfriesischen Inseln. Wieder ist eine Passagenplanung und Gezeitenberechnung angesagt, dass uns nun auch schon locker von der Hand geht! Mit Kurs Südwest laufen wir Langeoog und Spiekeroog an, faszinierende Inseln mit norddeutschem Charme. Noch beeindruckender empfanden wir das Trockenfallen der Schiffe im Hafen. Wir erleben es auf beiden Inseln erstmalig und können es als passionierte Tiefseesegler zuerst gar nicht fassen. Ab hier heißt es noch genauer planen. Denn wir wollen als nächstes südlich der Inseln das Wattenmeer erkunden, mit Pricken (junge Bäume, die als Wegweiser dienen) gekennzeichnete Fahrwasser queren,  und am Ende ein Seegatt (eine Untiefe weit vor den Inseln im offenen Meer) vor Spiekeroog bei Hochwasser passieren.
Es ist immer wieder ein Erfolgserlebnis zu beobachten, wenn die Tidenkalkulationen der Crews „aufgehen“ und wir sicher über die kritischen Passagenabschnitte kommen. Der besondere Reiz für mich waren die Gezeiten so hautnah am Boot und im Hafen mitzuerleben. Den ewigen Wechsel von Ebbe und Flut.

 Der letzte Tag bringt schließlich noch schönes Segeln mit Regattaelementen im Fahrwasser der Jade und die Begegnung mit der Fregatte Hessen (F221) vor Wilhelmshaven. In bester Seemannschaft senken wir die Flagge und freuen uns, als der Flaggengruß von dem imposanten Schiff erwidert wird.

Viel zu schnell ist diese erlebnisreiche Woche vorbei, darin ist sich die Crew einig. Die Gezeiten, ein faszinierendes Schauspiel der Natur. Schön es als Segler erleben zu dürfen.

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DI Thomas Klumpp wohnt mit seiner Familie in Weigelsdorf in Niederösterreich. Durch seine deutsche Herkunft hat der den SKS (SportKüstenSchiffer-Schein).

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Erläuterung der Fotos
1.) Container passiert den historischen Leuchtturm "Roter Sand"
2.) Bagger auf der Jade
3.) Leuchtfeuer auf der Düne, im Hintergrund Sender Pinneberg auf Helgoland
4.) Trockenfallen auf Langeoog
5.) Spiekerooger Haus, ein Inselidyll
6.) Blütenzauber auf der Düne
7.) Neptun und Elmo auf Fahrt, Thomas Klumpp

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