„Waahh, des muss I unbedingt nehma!“, rief Dieter, warf die Heckleine ins Cockpit und verschwand mit seinem Handy am Ohr im Niedergang. Der Zeitpunkt dafür war nicht optimal. Nach einem wunderschönen Tag am Wasser, der uns von Bastia zum Cap Corse nun in den Hafen der Insel Capraia geführt hatte, waren wir gerade dabei unsere Oceanis 45 anzulegen. Und wenn beim Anlegen der Man an der Luv-Leine verschwindet, ……. Nun ja, Dieter hatte einen guten Grund dafür und beim Clubtörn rund um Elba hatten wir genügend MitseglerInnen an Bord, sodass sich rasch Ersatz fand und wir bald darauf unseren Anlegeschluck lenzen konnten.
Schon während der Tage zuvor hatte uns Dieter von seinem Casting am Linzer Landestheater erzählt und, dass er gerne mitspielen würde bei Brechts Mutter Courage. Der Anruf war nun die Bestätigung: die Rolle des alten Obristen gehörte ihm! Beim darauffolgenden Abendessen in einem der ausgezeichneten Restaurants der Insel, wurde es das erste Mal ausgesprochen: „Dieter, wenn Du mitspielst, dann kommen wir alle und sehen uns das Stück an.“ Und so kam es zu unserem Crew-Treffen ein halbes Jahr nach dem Clubtörn an einem eiskalten Jänner-Wochenende in Linz – mit Teilnehmern aus West (Tirol) und Ost (Wien und Niederösterreich) –und einer beeindruckenden Mutter Courage.
Unser Crew-Treffen sollte aber nicht nur kulturell, sondern auch nautisch ein Erlebnis werden. Von der Esperanza hatte ich schon öfters gelesen, mir die Bilder am Netz angesehen und war von der erfolgreichen Lebensrettung letzten Sommer begeistert. Die Frage nach einer Donaurunde auf unserem Clubschiff lag daher auf der Hand. Also Kontaktaufnahme mit Wolfgang Hurch, der mich mit Hubert Pimingstorfer von der Esperanza-Crew in Verbindung setzte. Und dann ging alles ganz einfach: Hubert, meinst Du wir können? Ja sicher, das freut uns sogar! Aber: es ist doch Euer Sonntag! Wir fahren ja, weil es uns Spaß macht!
Einzig verbleibende Frage: werden wir aus dem Linzer Winterhafen rauskommen, denn wenn der einmal ordentlich zufriert, dann steckt die Esperanza fest. Nun, der heurige Winter war kälter als erwartet und für das Wochenende waren bis zu -8 Grad vorhergesagt. Ein paar Tage vor der geplanten Ausfahrt gab Hubert grünes Licht. Der Winterhafen habe zwar eine Eisschicht, aber die Esperanza würde das schon schaffen.
Sonntag vormittags: wir treffen Hubert und Christian Brandtner, der auf der Esperanza gerade die Ausbildung zum 20-Meter Patent macht, und entern unser Clubschiff. Dieses ist rundum gut mit Eis umgeben. Hubert begann das Ablegemanöver und wir hörten das Eis krachen, während sich die Esperanza Zentimeter um Zentimeter, vor und zurück, weg vom Steg und wieder hin zum Steg bewegte. Ganz leicht war das nicht. O-Ton Hubert: „Da muss man sich richtig, in Oberösterreich sagen wir: „ausse-quahen“. – was wir vielleicht am besten mit Hinausquetschen, -klemmen, -drücken übersetzen können. Aber als Niederösterreicher versteht man das auch so.
Kaum hatten wir uns vom Steg freigequetscht zog die Esperanza eine krachende Spur durch das eisbedeckte Wasser bis wir die frei fließende Donaustrecke erreichten. Ein tolles Ablegemanöver war das jedenfalls! Das Wetter ein Traum, blauer Himmel und eiskalt. Immerhin, ein paar Leute badeten in der Donau und Linz zeigte sich von seiner besten Seite. Wir alle konnten die Esperanza steuern, der Ausklang bei Pizza und Bier war herrlich nett und gemütlich und: zwei von uns haben sich entschieden, auf der Esperanza die Ausbildung zum 20-Meter-Patent zu beginnen. Kurzum, ein gelungenes Crew-Treffen in Linz und ein gelungener Einsatz der Esperanza als Eisbrecher.
Autor: Markus Reiterer