Clubtörn 2015 - Norwegen

Text: Gottfried Titzl Rieser
Fotos: Herbert Attenender

Ich sitze im Cockpit der “Swansea”-einer Bavaria 46 und blinzle in die Sonne – kurzer Blick auf die Uhr: 23:00 Uhr, also kurz vor Mitternacht! Ungewohnt – um nicht paradox zu schreiben. Und um 04:00 früh geht sie wieder auf: Ich erlebe gerade eine norwegische Segelspezialität: keine Nachtfahrt möglich, es wird im Sommer nicht wirklich finster.

Das ist also Norwegen im Juni 2015. Sechs Yachten sind wieder unterwegs in einem Revier, das nicht so alltäglich ist und für uns abseits der üblichen Routen liegt. Denn darin liegt ja ein Aspekt, warum wir YCA-ler unsere jährlichen Clubtörns organisieren. Außerdem pflegen wir feine Kameradschaft und gute Seemannschaft, die ist ja überall gefragt, ob du nun in Mitteldalmatien römisch-katholisch anlegst oder in Espevaer ins Päckchen mit drei anderen Yachten gehst.

Norwegen – ein Land in einer Dimension, die fast unglaublich klingt: Die Luftlinie von Kristiansand bis zum Nordkap entspricht in etwa der Entfernung von Kristiansand bis nach Rom, das Ganze bei lediglich ca. 5 Mio. Einwohner.
Und landschaftlich: Stell dir das Stodertal oder Zillertal vor und fülle das mit Wasser bis auf 1000 Höhenmeter an…

Wir sind von Hjellestad südlich an der westlichen Küstenlinie im Atlantik über Brandasund nach Espevaer gesegelt, von Espevaer in den Hardangerfjord nach Rosendal, von dort einen Abstecher tief in den Fjord hinein und über den Lukksund und Björnafjord nach Vedholmen, weiter nach Bergen und zurück nach Hjellestad, der Basis unseres Vercharteres.

Espevaer liegt am Eingang des Hardangerfjord und hier beginnt eine weitere norwegische Spezialität: Segeln in den Fjorden. Es drängt sich wieder ein Bild aus der österreichischen Heimat auf. Vor meinem Auge tauchen immer wieder der Achensee, der Attersee, der Mondsee auf. Auch hier in Norwegen sehe ich bizarre Berge, Wälder, kleine Ortschaften – und Seen.

Apropos kleine Orte: Die Versorgung ist gesichert, wir haben überall Brot, Lebensmittel und Getränke erhalten. Allerdings keinen Wein und keinen Schnaps, dafür aber sauteures Bier. In der Region südlich von Bergen gibt es nur in Bergen selbst, in Leirvik und in Haugesund sogenannte „Vinmonopolet“, also Geschäfte, wo man Wein, etc. kaufen kann. Also nicht vergessen, die erste Station, Wein und Whisky zu bunkern ist der Duty-free-Shop im Flughafen.

Zurück zum Thema Segeln in den Fjorden: Wer mit Binnengewässer vertraut ist, kennt ja die Thermiken, die verflixten drehenden Winde, die Böen, die Fallwinde. All das hast du auch hier. Und natürlich das Wetter: Ja, das findet auch in Norwegen statt: Als wir Bergen (ein absolutes „Must“ für Segler) anlaufen, haben wir das Ölzeug an, am nächsten Tag sind wir bei herrlichen Sonnenschein und kurzer Hose mit der Standseilbahn hoch hinauf auf den Floyen. Man merkt halt den Atlantikeinfluss: es regnet, dann reißt es wieder auf, die Sonne kommt durch – und es kann durchaus passieren, dass es zwei Stunden später wieder regnet. Im Juni hatten wir zwischen +8 und + 20 ° Celsius und bloß einen Regentag.

Unsere Navigation haben wir dem „Havneguiden Nr. 3“ (auf norwegisch mit einer englischen Zusammenfassung) und „Norway-RCC Pilotage Foundation“ (Imray) zugrunde gelegt und an Bord waren ausreichend Seekarten vorhanden. Die Gezeitenberechnung, trotz bis zu 2 Meter Tidenhub, haben wir vernachlässigt, es sind immer ausreichende Wassertiefen vorhanden – lediglich in engen Durchfahrten wie im Lukksund musst du auf die Strömung achten. Allerdings konnte es schon passieren, dass unser Steuermann dem Navigator hektisch zurief:“ Achtung Tiefe: 120 Meter-80 Meter-50 Meter-30 Meter-20 Meter– wo bin ich hier?!!!“ Kaum gerufen, kommen die umgekehrten Ansagen:“ 30 Meter-60 Meter-100 Meter – puhhh“!!! Das ist schon sehr beeindruckend, wenn du eine Bootsbreite vom Felsen entfernt vorbeisegelst und du hast immer noch 60 Meter unterm Kiel.

Last but not least: Das Fischen! Unsere Fangkünste reichten aus, um eine feine Fischsuppe und ein andermal Dorsch für 8 Personen zu kredenzen. Den 1-Meter langen Seelachs mussten wir gehen lassen, da war das Gaff zu schwach dafür… Es zahlt sich jedenfalls aus, die Fischer-Ausrüstung einzupacken, wenn dafür kein Platz im Seesack ist, gibt es in den Geschäften vor Ort ausreichende Angebote.

Mein Resümee zu unserem Clubtörns 2015:
Beeindruckend und zur Nachahmung empfohlen!


Interessierte Seglerinnen und Segler können sich auch persönlich informieren: Gottfried Rieser

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